30. September 2014

Let's talk about

Ich versuche mich gerade daran zu erinnern wann ich meine letzte ambulante Therapiestunde hatte.
Ich glaube so ungefähr vor drei Jahren. 
Nach unserem Umzug in eine neue Stadt vor etwas mehr als einem Jahr habe ich bereits gemerkt, das sich meine Gefühlswelt auf den Kopf stellt und habe nach langem Suchen und Bitten einen Therapeuten gefunden. 
Doch diese vier Sitzungen zähle ich definitiv nicht zu meiner ambulanten Therapie Zeit dazu. 
Ich war ja froh etwas Erfahrung mit Therapeuten zu haben und konnte so relativ schnell feststellen, dass dieser Mann selbst in einer großen Lebenskrise steckt. 

In den 50 Minuten, die mir zur Verfügung standen habe ich von seiner Scheidung, seinen Kindern und seinen Geldnöten erfahren. 
Am Ende jeder dieser Sitzungen hat er mich dann gefragt ob wir noch eine zusammen rauchen gehen.

Puhhh...Er tat mir richtig leid und mein Helfersyndrom sprang vor Freude im Dreieck.
"Darf ich Hanna, darf ich?"

Ich habe es dann doch nach vier Sitzungen dabei belassen und meine in mir aufsteigenden Gedanken lieber wieder mit mir selbst ausgemacht. 

Was ja, wie man sieht mächtig in die Hose gegangen ist :-)

Nun gut, knapp 15 Wochen nach meiner stationären Behandlung war meine Krankenkasse ja so gütig und hat mir letzte Woche die fünf probatorischen Sitzungen genehmigt.

Es ist das erste Mal, dass ich eine Therapeutin über das Kostenerstattungverfahren gefunden habe. 
Von dieser Möglichkeit habe ich trotz jahrelanger Erfahrung erst in der Klinik erfahren. 
Naja, ist ja auch verständlich, das die Krankenkassen nicht Werbung für diese Möglichkeit der Hilfe machen. 
Lieber abwarten, Füße still halten, vertrösten und später die natürlich viel günstigere Variante des stationären Aufenthalts zahlen, weil man gar nicht mehr kann. 
Tz tz tz...manchmal verwirrt mich das System. 

So und heute 15 Wochen nach meiner stationären Therapie darf ich zu meinem ersten Termin. 
Super Nachsorge würde ich sagen.

Nun gut, ich bin super aufgeregt und freue mich darauf endlich los zu legen. 
Welche Erwartungen ich habe?
Ich möchte einen Gesprächspartner, der mich ernst nimmt, bei dem ich mich wohl fühle, der mir hilft auf Lösungen zu kommen, mir Dinge und Verhaltensweisen erklären kann, mir zuhört und bei dem ich lachen und weinen kann. 
Klingt doch romantisch, oder?

SIE hält sich heute recht ruhig im Hintergrund...
Ob ich sagen kann "Dir geht's ab heute an den Kragen?"
Ich glaube nicht, ich möchte Sie ja nur verstehen und über Sie reden. 

Let's talk about....


28. September 2014

26. September 2014

Ich werde heute etwas kochen

Schon beim Aufstehen hatte ich dieses bekannte Gefühl.

Doch ich hatte mir ja vorgenommen es nicht mehr so wichtig zu nehmen und oft klappt es ja auch und es bleibt unterschwellig da, bricht aber nicht über mich ein.

Heute hat es nicht ganz geklappt.

Ich musste und wollte das Haus verlassen um einen Brief weg zu bringen und etwas einzukaufen, denn ich möchte meinem Schatz heute Abend gern etwas leckeres kochen.

Das fertig machen habe ich extra kurz gehalten und nur das Nötigste gemacht um für die Außenwelt annehmbar zu sein. Für duschen und langes zurecht machen fehlte mir die nötige Kraft und die brauchte ich sicher für mein Vorhaben.

Also schnell die verschmierte Schminke um die Augen abmachen, die Wollmütze aufgezogen (Gott sei Dank ist es nicht mehr so heiß, das man eventuell merkwürdig angeschaut wird, weil man bei dem Wetter eine Mütze trägt- Haare waschen wäre einfach zu anstrengend!) den schlabber Pulli unter der Jacke versteckt und los geht’s. 

Die Autofahrt ging noch ganz gut. Die längeren Ampelpausen sind hervorragend dafür geeignet kurz die Augen zu schließen und tief ein-und aus zu atmen.

Auf dem Parkplatz angekommen habe ich es schon kommen gefühlt.
Das klopfende Herz, leichter Schwindel, schwitzige Hände und schneller Atem. 
Scheiß egal, ich zieh das jetzt durch, der Brief muss zur Post und ich will verdammt noch mal etwas für dich kochen!

Doch schon die ersten Schritte fallen mir schwer… Ich ignoriere es, naja ich versuche es zumindest, denn das passt mir gar nicht.
Den Brief gebe ich ab, dann geht’s durch die Schranke in die Gemüseabteilung. 
Paniermehl, ich brauche Paniermehl. 
Es ist relativ viel los. 
Die Menschen nehme ich nur noch schemenhaft wahr. Ein Mitarbeiter studiert mit einem Kugelschreiber im Mund die Angebote. 
Eine Frau mit Kind im Einkaufswagen läuft an mir vorbei.

Ich komme ins Stocken, kann mich nicht mehr richtig auf die einzelnen Schritte konzentrieren. 
Scheiße, es geht los und ich kann es dieses Mal leider nicht aufhalten. 
Wo kann ich hin, wo ist weniger los? 
In die Getränkeabteilung? 
Ein kurzer Blick in diese Richtung zeigt mir viele durstige Menschen. Keine Option.
Meine Augen füllen sich und ich greife zu meinem Handy. 
„Hallo Maus ich bin es…Du musst mal kurz mit mir reden…“ 
Dann laufen sie, die Tränen während ich auf die Maggi Tüte im Regal starre.

Ich stehe bei Edeka im Gang bei den Maggi Tüten und heul…na klasse!

Zehn Minuten stehe ich so vor dem Regal, heul und höre dir zu. 
Mein Atem beruhigt sich langsam wieder und auch ich bin in der Lage zu sprechen. 
Ob ich beobachtet werde kann ich gerade gar nicht wahrnehmen. 
Ich stehe einfach nur da, versuche meine Füße auf dem Boden zu spüren und lausche deiner Stimme, die mich langsam aber sicher wieder zurück holt.

Ich beginne unter laufenden Tränen mit dir gemeinsam am Telefon die Dinge zu besorgen, die ich zum kochen brauche, denn ich sehe es nicht ein den Laden unverrichteter Dinge zu verlassen.
Du gibst mir die nötige Unterstützung dafür. 

Paniermehl, Sauce zum anrühren aus dem Maggiregal .
Ich finde sie relativ schnell, habe ja auch lange genug darauf gestarrt.
(Humor zu haben ist eine gute Medizin!)

Und dann brauche ich noch Fleisch. Mist, ich mag nicht das abgepackte kaufen, sondern möchte es von Tresen. Oh mein Gott ich sehe bestimmt fürchterlich und total gestört aus…
Egal, wir machen das jetzt. Punkt!
Ich werde in der Tat etwas unsicher angeschaut, wie ich da so stehe mit meinem Handy am Ohr, Fleisch bestellend und mit laufenden Tränen.
Aber Hey, ich habe bekommen was ich wollte.

So nun ab zur Kasse. Mist mein Geld reicht natürlich nicht. Das Fleisch ist teurer als gedacht. Moment, wenn ich überlege, dann kann ich das Paniermehl mit Karte bezahlen, genau so viel müsste noch auf meinem Konto sein und dann kann ich das Fleisch bar bezahlen, das müsste funktionieren.

Mittlerweile ist es auch egal wie ich auf meine Mitmenschen wirke, der Zug seriös zu wirken ist für heute abgefahren.

Ich frage eine an mir vorbeilaufende Mitarbeiterin ob es möglich wäre vier Euro mit der Karte zu zahlen. Sie beantwortet diese Frage zu meinem Erstaunen völlig normal mit einem „Ja, natürlich, kein Problem“, lächelt und geht weiter.

Kurz vor der Kasse verabschiede ich mich von meiner Retterin am Telefon, bezahle meinen Einkauf mit Karte und Bargeld und gehe zum Auto.

Eingestiegen, völlig erschöpft aber stolz auf mich es trotzdem geschafft zu haben gebe ich ein lautes „Puhhh…“ von mir.

Das war mein Freitagvormittag.

Mein Körper schreit danach sich jetzt etwas hin zu legen, aber danach liebe Leute werde ich etwas kochen, denn ich habe es geschafft heute einkaufen zu gehen!